Bild der Woche

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12.11.2009

3, 2, 1, 0, Diebstahl und Recht

Zugegeben, Diebstahl bleibt Diebstahl, egal ob Zeitdiebstahl, Wurstbrötchen- Diebstahl oder Fleischklops- Diebstahl, aber....

3 FÄLLE

2 KÜNDIGUNGEN

1 GEHALTSKÜRZUNG

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FALL 1

Marktheidenfeld/Würzburg

Nach neun Stunden Arbeit ohne Pause nahm der Metzger am 14. Mai gegen 14.30 Uhr das Wurstbrötchen im Gesamtwert von 1,08 Euro - um einen Schwächeanfall zu bekämpfen, wie er sagt. Um 5.30 Uhr hatte die Schicht begonnen, auf die Frühstückspause um 8 Uhr verzichtete er, die Mittagspause fiel aus, weil eine Fleischlieferung kam. Das Brötchen wollte er am Ende seiner Arbeitszeit bezahlen. Doch dazu kam es nicht mehr: Dressel wurde ins Büro des Marktleiters gebeten und dort im Beisein einer Betriebsrätin vor die Wahl gestellt, wegen Diebstahls fristlos gekündigt zu werden oder einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben.

Der Metzger entschied sich für den Aufhebungsvertrag, gegen den er jetzt vor dem Arbeitsgericht klagte. Auch nach der Güteverhandlung Mitte Juli (wir berichteten) kam eine einvernehmliche Einigung der beiden Parteien nicht zustande, deshalb traf man sich jetzt erneut vor Gericht.

Dass sie mit ihren Argumenten keinen Erfolg haben würden, wurde Elko Dressel und seinem Rechtsanwalt bereits im Verlauf der Verhandlung mehr als deutlich gemacht: »Die Chancen sind in diesem Verfahren sehr ungleich verteilt. Die Gefahr, dass Sie verlieren, ist sehr groß«, sagte der Vorsitzende Richter.

Ziel des Klägers war die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch Aufhebungsvertrag beendet wurde, sondern bis zum heutigen Tag besteht. Auch die Umwandlung in eine ordentliche Kündigung mit Frist bis Ende September 2009 hätte Dressel akzeptiert. Dazu war Edeka-Neukauf nicht bereit und bot als Kompromiss als Kündigungstermin den 31. Mai 2009 an. Damit wiederum war Elko Dressel nicht einverstanden. Gegen den Ratschlag des Vorsitzenden bestand er auf einem Urteil: »Ich ziehe das jetzt durch.«

Warum die Klage abgewiesen wurde, erläuterte der Richter schon in der Verhandlung. Im Gegensatz zu anderen Fällen von Kündigung nach einem Diebstahl geringwertiger Sachen, die in jüngster Zeit für Schlagzeilen sorgten, handele es sich bei Dressel eben nicht um eine fristlose Kündigung, sondern um einen von beiden Seiten unterzeichneten Aufhebungsvertrag. Und den könne man nur dann erfolgreich anfechten, wenn die Unterschrift durch eine »rechtswidrige Drohung« erzwungen wurde. Weil aber der Diebstahl eines Brötchens im Wert von 1,08 Euro nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Kündigungsgrund ausreicht, stelle die vom E-Center in Aussicht gestellte fristlose Kündigung keine rechtswidrige Drohung dar.

Dressels Anwalt hat bereits angekündigt, dass er gegen das Urteil Berufung zum Landesarbeitsgericht einlegen wird.


FALL 2

Dortmund

Magdalene H. kämpft um ihren Job - und um ihre Ehre. Die Sekretärin war 34 Jahre lang für den Bauverband Westfalen in Dortmund tätig, plötzlich erhielt sie die Kündigung. Weil sie eine Frikadelle vom Chef-Bufett gegessen hatte.

Der Vorfall ereignete sich im vergangenen Juli, jetzt liegt der Fall beim Arbeitsgericht Dortmund. "Wie herzlos kann ein Chef sein?", fragt die "Bild"-Zeitung.

Es ist nicht das erste Mal, dass einem Arbeitnehmer wegen einer Bagatelle gekündigt wurde. Für Aufsehen sorgte vor allem der Fall "Emmely". Die Supermarkt-Kassiererin hatte zwei Pfandbons über 48 und 82 Cent unterschlagen und war daraufhin fristlos entlassen worden. Wenig später wurde der Fall einer Bäckerei-Verkäuferin in Friedrichshafen am Bodensee bekannt. Sie wurde entlassen, weil 1,36 Euro in der Kasse fehlten. Auch in Frankreich wurden vergleichbare Fälle publik.

Ähnlich ist es bei Magdalene H. Die Chefsekretärin hatte einen Konferenz-Imbiss für ihren Chef und seine Gäste vorbereitet, berichtet "Bild". Als sie Hunger bekam, nahm sie sich selbst zwei halbe Brötchen und einen Fleischklops.

Als der Chef seine Sekretärin zur Rede stellte, gab die 59-Jährige sofort alles zu. "Sie war der Meinung, ihr Verhalten sei in Ordnung", sagt Anwalt Wolfgang Pinkepank. "Brötchen und Frikadellen, die nach Konferenzen übrig blieben, durften auch von Mitarbeitern gegessen werden."

"Das hier ist kein klassischer Diebstahl"

Magdalene H.s Vorgesetzte sehen das jedoch anders: Sie werten den Verzehr als Vertrauensmissbrauch. "Nach außen wirkt das natürlich wie eine Bagatelle", sagt Bauverbands-Geschäftsführer Hermann Schulte-Hiltrop dem Bericht zufolge. "Wir haben hier aber hochsensible Daten zu verarbeiten. Und wenn Sie jemandem nicht mehr vertrauen, macht das kein gutes Gefühl."

Am Dienstag kamen beide Seiten vor dem Arbeitsgericht Dortmund zusammen. Während der Verhandlung wurde deutlich, dass Selbstbedienung am Bufett zwar nicht erlaubt ist, beim Bauverband Westfalen aber offenbar schon lange gang und gäbe war. Selbst der frühere Chef soll nach Aussage der Sekretärin gern zugegriffen haben. Außerdem sei alles, was die Gäste des Chefs übrig ließen, ohnehin an die Angestellten zurückgegangen.

Auch die Richterin betonte: "Dies hier ist kein klassischer Diebstahl." Sie schlug vor, die Kündigung in eine Abmahnung umzuwandeln.

Der Bauverband blieb trotzdem hart. Jetzt wird der Prozess mit einem Kammertermin fortgesetzt. Voraussichtlicher Beginn: Januar 2010.



FALL 3

Schachmatt für online spielenden Beamten

Ein Beamter der Verbandsgemeinde Dierdorf im Kreis Neuwied muss zwei Jahre lang eine Gehaltskürzung hinnehmen, weil er während der Arbeit Online-Schach gespielt hat. Das hat das Verwaltungsgericht Trier entschieden.

Der Beamte hatte zugegeben, über längere Zeit oft mehrere Stunden hintereinander an seinem Arbeits-Computer Online-Schach gespielt zu haben. Laut seinem Arbeitsvertrag ist aber nur eine geringe private Internetnutzung erlaubt.

Die Verbandsgemeinde Dierdorf wollte mit ihrer Klage durchsetzen, dass der 59-jährige Mitarbeiter zurückgestuft wird. Damit wäre er sowohl in seiner Gehaltsklasse als auch in seinem Dienstrang herabgesetzt worden. Auf Vorschlag des Richters einigten sich die Parteien aber stattdessen auf eine zweijährige Gehaltskürzung um 20 Prozent. Damit wurde die grundsätzlich gute Zusammenarbeit mit dem Beamten während der vergangenen fast 20 Jahre gewürdigt.

31.10.2009

Simon-Juda-Markt

Auch in diesem Jahr wird der Simon-Juda-Markt in der Kreisstadt Altenkirchen wieder zahlreiche Besucher anlocken. Der traditionelle Simon-Juda-Markt ist der älteste noch stattfindende Markt in Altenkirchen.

Seinen Namen hat er wahrscheinlich von dem Apostel Simon Kananäus, dem Eiferer, dessen Namenstag der 28. Oktober ist. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der Markt in der Mundart "Siwwe-Jürren-Maat" heißt.

In früheren Jahrhunderten kam den Märkten eine höhere Bedeutung zu als dies heute der Fall ist. Sie dienten unter anderem der Versorgung mit Gebrauchsgegenständen, mit Lebensmitteln und dem Handel mit Vieh. Gleichzeitig waren sie Höhepunkte im bäuerlichen Leben. Das Markttreiben war behördlich streng geregelt. Kram-märkte fanden auf dem Marktplatz statt, den man nach dem Brand von 1728 angelegt hatte. Viehmärkte fanden außerhalb der Stadtmauern statt.

Als am Ende des 18. Jahrhunderts in der Zeit der so genannten Revolutionskriege die Franzosen den Viehmarkt in Altenkirchen wegen einer grassierenden Viehseuche verboten, fanden eine Zeit lang Viehmärkte am Zollhaus in Eichelhardt und in Oberwambach statt. 1853 setzte sich der Gemeinderat von Altenkirchen für die Wiederbelebung des Viehmarktes ein. Er stellte als Platz die städtische "Leimkaul" (Lehm-grube) an der Hachenburger Straße zur Verfügung und erklärte sich bereit, neben derselben einen Morgen Land anzukaufen oder zu pachten.

Bei der Lehmgrube handelt es sich um eine Fläche rechts vor der Einmündung der Karlstraße. Sieben Jahre später tritt der Rat dafür ein, dass auch bergisches und sauerländisches Zuchtvieh auf den Markt kommen soll. Im Protokoll ist zu lesen, dass "fettes Vieh der Westerwälder Bauern in Herden zu Hunderten" durch die Stadt getrieben werde.

26.09.2009

König Wähler

Demokratie ist sicherlich die wichtigste Errungenschaft der Bundesrepublik nach 1945, und das Wahlrecht ist eine der tragenden Säulen. Am Sonntag den, 27. September ist wieder soweit, der souveräne Bürger wählt das Parlament. Seit einiger Zeit macht sich eine gewisse Politikerverdrossenheit breit und die Parteien sind wieder auf Stimmenfang unterwegs, mit dem Versuch die „Nichtwähler“ zu mobilisieren.

Eine Generation die „demokratisch“ groß geworden ist, hat vielleicht den Umgang mit demokratischen Werkzeugen verlernt. Aussagen wie „ man kann sowieso nichts ändern“ oder „die machen sowieso was sie wollen“ sind meiner Meinung nach nicht nur falsch, sondern fehl am Platze.

Das Problem sind nicht die Politiker, sondern der Wähler an sich, der Wähler, der alle 4 bzw. alle 5 Jahre zur Bundestag- oder Landtagswahlen geht und dann die nächsten einfach abwartet, oder der Wähler, der einfach von seinem Stimmrecht nicht gebraucht macht, also der „Nichtwähler“, der sich dennoch freut, unter demokratischen Verhältnissen zu leben.

Der bequeme Wähler sollte unbequem werden, fragen, nachhaken, schlicht und einfach an der Demokratie teilnehmen.
Er sollte die irreführende Aussage, dass diese oder jene Partei an der „Macht“ gelangt ist, keinen Glauben schenken, keine Partei oder kein Parteifunktionär besitzt die Macht, das Volk hat diese. Eine Partei hat nur die Aufgabe, Wählerwillen zu repräsentieren und umzusetzen. Ein Abgeordneter ist nichts anderes als ein Angestellter des Volkes.

So wie der Chef einer Firma mit seinen Mitarbeitern umgeht, sollte der Wähler mit dem Volksvertreter umgehen, diese führen, begleiten und Rückmeldungen verlangen. Der Wähler sollte parteiunabhängig, auch so mit dem gewähltem Wahlkreisabgeordneter Kontakt halten. Fragen und Anregungen sollten signalisieren, dass eine Wahl nicht durch eine Wahlkampagne, sondern nach geleisteter Arbeit entschieden wird.

Die Bundesbürger sollten unsere Demokratie lebendig halten, mitmischen und vor allen Dingen, mitmachen. Wir reklamieren sofort, wenn ein Glas Bier für 1,20 Euro nicht richtig voll ist, aber nehmen es einfach hin wenn Tausende von Steuergeldern sinnlos ausgegeben werden. Wir sollten uns nicht nur als „König Gast“, sondern auch als „König Wähler“ ansehen und in beiden Fällen uns majestätisch benehmen.